Sigismund Krzyżanowski - Der Club der Buchstabenmörder

Sigismund Krzyżanowski

Der Club der Buchstabenmörder

Dörlemann 2015, 220 Seiten

Aus dem Russischen von Dorothea Trottenberg

 

Bis Oktober hatte ich nie von Sigismund Krzyżanowski gehört, aber auf der Buchmesse stach mir der Slawische Name in Kombination mit dem rätselhaften Titel Der Club der Buchstabenmörder ins Auge. Zielstrebig hin, Buch durchgeblättert, ein bisschen drin gelesen, Titel aufgeschrieben, Liebe auf dem ersten Blick sozusagen.

 

Im Nachwort (geschrieben von Prof. Dr. Thomas Grob) steht, dass Krzyżanowski (1887 – 1950) in seinen Lebzeiten kaum etwas Literarisches publizieren konnte und er bezeichnete sich selbst als “literarische Nichtexistenz”. Sigismund Krzyżanowski war in Kiev geboren und zog 1922 nach Moskau. Seine Werke (über 3000 Seiten insgesamt) wurden erst 1976 von Vadim Perelmuter entdeckt, der dann 1989 eine der Geschichten publizierte.

 

Der Club der Buchstabenmörder wurde in Moskau 1925-26 geschrieben und erzählt von sieben Männern die sich jeden Samstag treffen um ihre Geschichten vorzutragen. Es gibt keine Manuskripte, keine Tinte, nichts darf aufgeschrieben werden. Der junge namenloser Erzähler beschreibt das Zimmer so:

 

Ich fand mich in einem quadratischen Raum: Ganz hinten, der Tür gegenüber, ein Kamin; vor dem Kamin, im Halbkreis angeordnet, sieben schwere, geschnitzte Sessel; an den mit dunklem Tuch bespannten Wänden Reihen schwarzer, vollkommen leerer Bücherregale. Eine gusseiserne Zange stand mit dem Griff gegen das Kamingitter gelehnt. Das war alles.

 

Einige Geschichten werden im Rahmen des Romans erzählt. Über die Eselsmesse im Mittelalter oder über einen Schauspieler der Besuch von seiner Rolle in Hamlet bekommt. Erstaunlich und schaurig ist auch die Erzählung über die ‚Exons’, Menschen die von einer Maschine kontrolliert werden. Erst sind es „nur“ die Geisteskranken, dann immer mehr und mehr, deren Psyche von den Muskeln abgekoppelt wird. Ihre Körper werden programmiert um bestimmte Aufgaben durchzuführen, ohne dass der Verstand eingreifen kann. Letztendlich sind sie wie Roboter oder Zombies und am Ende in der Überzahl. Nicht sehr subtile Anspielungen auf die Zeiten in der er lebte. Dann gibt es noch die Erzählung über drei Freunde die sich darüber streiten wofür der Mund bestimmt ist – zum Essen, zum Reden oder zum Küssen?

Jede Geschichte braucht einen Leser, oder in diesem Fall, einen Zuhörer. Der junge Erzähler im Roman wurde vom Vorsitzenden des Clubs ausgewählt, weil er ein ‚reiner Leser’ ist und niemals selber zum Stift greifen würde.

 

Dass alle Erzählungen nur in den Köpfen der Mitglieder sind, ist ja nichts Neues an sich, aber die Tradition der mündlichen Überlieferung ist in unserer Kultur schon zum großen Teil verloren gegangen. Auf einer Seite schade und auf der anderen Seite bin ich schon ein großer Fan von Tinte und dem Aufschreiben… J


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